Samstag, 24. Oktober 2015

Urlaub mal anders

Einen sehr denkwürdigen Urlaub habe ich in den Herbstferien bei meiner Freundin B. in Norddeutschland erlebt.
Sie ist seit einigen Wochen sehr aktiv in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe tätig. In Putlos in der Wagrien Kaserne sind vor einiger Zeit 900 Flüchtlinge, vorwiegend aus Syrien, aber auch z.B. aus Eritrea, untergebracht. Seitdem hilft B. dort nahezu täglich, bei allem, was anfällt.
Das war mit bekannt, aber als ich auf der Insel ankam, wollte ich die Zeit natürlich nutzen zu einem Treffen mit lecker Essen gehen, viel tratschen, gemütlich ein Glas Wein trinken....... Ich rief an und fragte, wann sie denn Zeit hätte. Kurze Pause am anderen Ende der Leitung, dann "Hmm, ich fahr morgen früh wieder nach Putlos und weiß noch nicht, wann ich wieder zurück bin" Pause bei mir    Dann "Komm doch einfach mit. Ich könnte dich anmelden, dann kommst du auch auf das Gelände."    Gesagt - getan......... für den nächsten Morgen verabredet, gemeinsam nach Putlos gefahren. Da die Notunterkunft auf Kasernengelände liegt, ist es gut bewacht und nicht frei zugänglich. Da B. mich aber vorher angemeldet hatte, war mein Einlass kein Problem.
In einem kleinen Gebäude ist der "Helfer-Stützpunkt" untergebracht. Büros, Gemeinschaftsraum, Toiletten, kleines Lager - was eben so gebraucht wird. Gegenüber acht große Blocks, in denen früher die Stuben der Wehrpflichtigen untergebrach waren. Dort sind nun die Unterkünfte der Flüchtlinge. Doppelzimmer, Vierbett- oder Sechsbettzimmer. Manchmal teilen sich Familien eine Stube, manchmal Freunde, manchmal aber auch vollkommen Fremde leben hier auf kleinstem Raum zusammen. Platz ist nur für zwei Einzelbetten, hier leben dann Ehepaare mit Baby oder auch mal mit zwei Kindern, dazu passt noch ein Schrank und ein Minitisch mit Stuhl hinein.
In den größeren Stuben gibt es Stockbetten, meist zwei oder drei, auch wieder mit Schrank, Tisch und Stuhl. Äußerst bescheiden eben........
Trotzdem sind die Menschen auch nach Wochen noch dankbar und froh, hier zu sein. Das eigene Bett und drei Mahlzeiten am Tag ist wohl viel mehr, als viel in den letzten Wochen, Monaten oder gar Jahren hatten.
Es hat mit beeindruckt, wie häufig mir hier auf dem Gelände mit einem Lächeln, einem "Hello" oder auch mit einem freundlichen "Guten Tag" begrüßt.
Ich durfte bei der Wäscheausgabe helfen, die benutzte Bettwäsche wurde gegen frische ausgetauscht und hierbei wurden ganz selbstverständlich die deutschen Begriffe geübt. Besonders das Wort "Kopfkissen" sorgte bei einem syrischen Vater für Erheiterung und er übte mit seinen Kindern um die Wette, wer das Wort als erstes richtig herausbrachte.
Eine weitere Aufgabe für mich war die Mithilfe in der Kleiderkammer. Hier zeigte sich, dass ALLE Mädchen dieser Welt Prinzessinen sind, egal, ob sie aus Deutschland, Syrien, Eritra oder sonst einem Land kommen. ALLE Mädchen lieben rosa - Prinzessinen eben......... Es gab in der Kleiderkammer einen rosa Schal mit einer kleinen niedlichen Stickerei. Diesen hatte sich ein kleines Mädchen ausgesucht, band den schal sofort um und strahlte über das ganze Gesicht - bis seine Schwester dies entdeckte. Die Schwester lief sofort zu dem Mädchen und wollte ihm den Schal vom Hals reißen. Es musste unbedingt dieser eine rosa Schal sein. Es dauerte lange und bedurfte viel Geduld, bis sich das Mädchen beruhigt hatte.
An meinem zweiten "Helfertag" bekam ich schon Aufgaben alleine zugeteilt, es mangelt eben auch an Ehrenamtlichen. Die Verständigung klappte entgegen meiner Erwartung recht gut, viel Einsatz von Händen und Füßen, manche sprechen Englisch und ich war erstaunt, wie viele Vokabeln mir im Gespräch plötzlich wieder einfielen......
Ich war begeistert und beeindruckt, was die Handvoll hauptamtlicher Mitarbeiter und vor allem die Ehrenamtler dort leisten, wie viele Stunden ihrer Freizeit sie dort verbringen, welche Einfälle ihnen kommen, um die Flüchtlinge anzusprechen und mit welchem Elan und welcher Freude sie bei der Sache sind.
So wurde mein Urlaub ganz anders als erwartet, aber doch um so vieles schöner und um einige Erfahrungen reicher, als es gedacht war. Die Arbeit mit den Flüchtlingen ist mitunter anstrengend und auch sehr verantwortungsvoll, aber auch so bereichernd und man bekommt so viel zurück.
Danke, liebe B. dass du mich mitgenommen hast und ich diese Erfahrungen in diesem denkwürdigen Urlaub machen konnte.

Liebe Grüße     Christa

PS: Bilder gibt es aus verständlichen Gründen von diesem Urlaub nicht. Und für alle, die es wissen wollen......... Ja, zum gemeinsamen tratschen und gemütlichen Essen blieb trotz der Arbeit noch Zeit

2 Kommentare:

  1. Liebe Christa,
    das klingt nach viel zum Nachdenken... aber ich glaube dir, daß es ein wichtiges Erlebnis und eine gute Erfahrung war. Schön daß deine Freundin aber trotz aller Arbeit noch Zeit für nette gemeinsame Stunden mit dir gefunden hat!
    LG Anna

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  2. Ja, es gab mir in der Tat viel zum nachdenken. Und aus diesem Grund habe ich meinen Urlaub dann auch um zwei Tage verlängert und konnte nicht zum Wollverwandler-Treffen kommen.

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